Die Ordnung der Dinge

Um was für ein Denken handelt es sich nun? Und ist es ein Handeln gegen das Fühlen, jenes bloße Ringen um Nüchternheit? Ein solcher Ruf nach Nüchternheit, ein solches »Lasst uns nicht im Rausch Entscheidungen treffen!« oder »Schalten wir Überlegungen ein!«
 

                                     Bertolt Brecht, Der Messingkauf

Volker Crone - Portrait
Volker Crone - Porträt 5

UM WAS FÜR EIN DENKEN HANDELT ES SICH NUN?
Die Ordnung der Dinge oder die Gesten der Denkenden


Volker Crone portraitiert Menschen bei ihrer Arbeit – dem Versuch, die der Welt zugrunde liegenden Ordnungen zu verstehen; eine nie endende Suche nach Erkenntnis. Es ist eine Arbeit, die in Observatorien, Laboren, Instituten und Forschungszentren statthat; es geht um Stauchungen der Raumzeit, Gravitationswellen oder Röntgenlaserblitze, um erdnahe Objekte, Kernfusionen bei massereichen Sternen oder dunkle Stellen in archäologische Ausgrabungen. 

Doch was für ein Bild lässt sich von diesen hochkomplexen Arbeiten machen? Wie sieht diese Arbeit aus? Was sollen oder können wir uns vorstellen? Und nicht zuletzt: Was wird da getan – zwischen Vakuum-Kammern, Phasen-Übergängen und Riesenhöhlen? – in oder auf all diesen verschiedenen Denkgebieten? 

Der konzeptionellen Fotoarbeit Die Ordnung der Dinge von Volker Crone gelingt es, eine so vertraute wie zugleich überraschende Bildsprache für jene abstrakten Arbeitswelten zu finden.  Eine Sprache, die um die Räume und Orte der Physik, der Geologie oder der Astronomie weiß, aber doch vor allem die Arbeitenden als Denkende in den Blick nimmt. Dabei spiegelt Crone das Ringen der Wissenschaft um Objektivität auf seine fotografische Methode, verfährt mit den zu Porträtierenden wie diese mit ihren Gegenständen, baut Kamera, Dauerlicht und Hintergrund auf und lässt den Apparat ohne seine Anwesenheit über zwei Stunden alle 25 Sekunden ein Bild von ihrer Arbeit machen. Das in Erfahrung zu bringende: wie Denken und Erkennen aussieht. 

Nur lässt sich das darstellen? Picture this: schwarzweiß Fotografien und Denkbewegungen. – Menschen, die Überlegungen anstellen, konzentriert sind oder die Gedanken treiben lassen, die nachdenken und dabei tiefe Zusammenhänge erkennen mögen. Von nichts gestört in ihrem Denken – fotografiert quasi unter Laborbedingungen. Doch wie denkt dieses Denken? Geradewegs? – oder probt es den Aufstand gegen die eigenen Gesetze? Verliert es sich im Kreis, anstatt auf einen zu erreichenden Sinn zuzusteuern? Agiert es statt linear vielleicht verworren, graziös oder umwölkt? Zeigt sich gar als Unverständliches?

Was lässt sich aus der Haltung der Denkenden erkennen? Hülfe ihnen eine Zigarette bei ihren Beobachtungen? Jene Haltung der Distanz, die Brecht in der Haltung des Rauchenden erkennt? Dächten sie etwas anderes? Zurückgelehnt, sich seine Gedanken machend, nur halb zur Sache gehörend? Oder benützten sie als Denkende keinen Gedanken zu viel? Was erzählen uns ihre Denkbewegungen? Durchlöchern die Gesten, Blicke und Gedanken das bis dahin Gedachte und setzen es in neue Zusammenhänge? Und wenn sie doch im Rausch Entscheidungen träfen – im Denkrausch? Und ihre Gesten nur von jener Leichtigkeit zeugen, die an die Mühe erinnern soll? Die Mühe ihres Vorhabens, jenes Unternehmen, das Arbeit ist: anders zu denken, als man zuvor dachte. 

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