Das Geld der anderen. Ein Einkommensexperiment

Wie lange geht das gut, wenn Philine Velhagen einen Monat lang ihr Einkommen mit ihren Freund*innen teilt? Jede und jeder müssen dabei Rechenschaft ablegen über ihre Einnahmen und Ausgaben. Wird es zumindest im Kleinen gelingen, wovon schon so mancher Weltverbesserer träumte: eine gerechtere Verteilung von Ressourcen, Chancen und Annehmlichkeiten?

Deutschlandfunk

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In Deutschland besitzen laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung die 45 reichsten Menschen zusammen soviel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. In meinem Freundeskreis haben drei Männer dreimal soviel wie die restlichen acht zusammen. Drei Männer verdienen insgesamt mehr als doppelt so viel wie 6 Frauen. Wir wollen einen Monat lang unser Einkommen so umverteilen, dass alle gleich viel haben.

Schon die Frage, was die anderen verdienen, führt zu Empörung. Wir ahnen, was Micha bekommt, Summen kursieren, 10.000? 8.000 EUR? Aber genau nachgefragt hat bisher niemand. Dann der Vorschlag, es einen Monat lang zu teilen: Panik, Entsetzen und Ablehnung bei den einen. Neugier und der Spaß daran, die Gesellschaft zu erforschen und zu verändern, bei den anderen. Zwischen Scham, Neid, verstecktem Zorn und endlosen Fixkostendebatten: Wir erzählen uns, wie es uns dabei ergeht. Woher bemisst sich der Wert unserer Arbeit? Wer fühlt sich als Schmarotzerin? Wer als Gönner? Und ist Geld am Ende vielleicht doch mehr als Geld? Und die Freundschaften, hören sie hier auf – oder fangen sie beim Geld erst wirklich an.

Philine Velhagen im Videochatfenster
Die Autorin des Features bei der Arbeit (c) Philine Velhagen

Ich sage dir nur eins, Johann, ne, wenn du nochmal anfängst mit meinen Aktiengewinnen in den letzten Jahren, dann frage ich nach deiner Eigentumswohnung, was die an Wert gewonnen hat in den letzten Jahren.

Screenshot einer Videokonferenz
Wir streiten uns in Zoomkonferenzen darüber, wie wir das Einkommen verteilen und was als Fixkosten unangetastet bleiben muss (c) Philine Velhagen
Kontoauszug aus dem Einkommensexperiment
Screenshot eines Kontoauszugs (c) Philine Velhagen

Warum sollte das ein Geheimnis sein? Ich glaube so grundsätzlich kann es eher für Gerechtigkeit sorgen, wenn man darüber spricht.

Kontoauszug
REWE sagt Danke - ein weiterer Kontoauszug (c) Philine Velhagen

„Am Anfang habe ich gedacht, da kann ich locker mitmachen und jetzt bin ich nicht mehr im unteren Drittel, sondern im oberen Drittel – jetzt würde ich's eher in Zweifel ziehen, ob ich da mitmache – warum soll ich mein Geld herschenken?“

Post its hängen an einer Wand
Eine Menge Post-its ziert die heimischen Wände (c) Philine Velhagen

Philine Velhagen, 1972 in Hamburg geboren, lebt mit ihrer Familie in Köln. Ihre Theater- und Hörspielprojekte entstehen, indem sie sich selbst und andere einer realen Versuchsanordnung unterwirft. Sei es die Behauptung, ganz Köln sei ein Hotel (Hotel Köln – Das größte Hotel der Stadt, 2013 WDR), ein Stresstest mit der besten Freundin (Pharbara und Biline. Fusenbreundinnen, 2019 Deutschlandfunk), ein reisender Geldschein (Folge dem Schein, 2011 Hörspiel des Monats/ WDR) oder eine großangelegte Selbstüberwachung (I am your private Dancer, 2018 WDR). 2020 ist Velhagen mit ihrer Arbeit Wohnungsbesichtigung zum Favoriten Festival 2020 nach Dortmund eingeladen.

Regie: die Autorin
Redaktion: Tina Klopp
Produktion: Deutschlandfunk / NDR 2020

Mit Dank an die Film- und Medienstiftung NRW.